Zwei Jahre «Wertebilden» – Fazit im Schatten des Bundesgerichtsurteils
Vor exakt zwei Jahren war der Startschuss zu «Wertebilden», einer neuen Dachmarke der vier christlichen Schulen katholischer Prägung des Kantons St.Gallen. Zeit für ein Fazit. Dieses kann aber aktuell nicht ohne Blick auf das jüngste Urteil des Bundesgerichts gezogen werden. In diesen Tagen wurde dort entschieden, dass mit öffentlichen Geldern finanzierte, geschlechtergetrennte Schulen diskriminierend seien und gegen das religiöse Neutralitätsgebot verstossen würden.
Hans Brändle, Sie sind Ressortverantwortlicher im Administrationsrat für die sogenannt «Katholischen Privatschulen» im Kanton. Bevor wir Fazit zu dem vor zwei Jahren initiierten Projekt «Wertebilden» ziehen, können Sie sagen, wie es Ihnen persönlich geht nach dem Entscheid des Bundesgerichts vom 17. Januar 2025 und wie es für die Schulen nun weitergeht?
Ich bin sehr betroffen und kann diesen Entscheid des Bundesgerichts nicht nachvollziehen. Er schiesst meiner Auffassung nach völlig über das Ziel hinaus und wird den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht. Mit diesem Entscheid zur Frage der Geschlechtertrennung und der religiösen Neutralität für Privatschulen, die mit öffentlichen Geldern unterstützt werden, wird die Zukunft der vier Schulen Waid Mörschwil, Maitlisek Gossau, Kathi Wil und Gymnasium Friedberg Gossau zur grossen Herausforderung, die wir angehen werden. Vorerst warten wir aber das schriftliche Urteil ab.
Vor zwei Jahren sind die vier christlichen Schulen katholischer Prägung im Kanton St.Gallen mit der Dachmarke «wertebilden.ch» an die Öffentlichkeit getreten. Damit will man die gemeinsame DNA der aus dem Klostererbe hervorgegangenen Schulen als Mehrwert in der Bildungslandschaft sichtbar machen. Kurz: Wie fällt Ihr Fazit als zuständiger Administrationsrat aus?
Gemeinsam mit den strategisch und operativ Verantwortlichen der vier Schulen durfte ich als zuständiger Administrationsrat in sehr guter, offener, zukunftsgerichteter Arbeit diese Dachmarke entwickeln, inhaltlich füllen, öffentlich bekanntmachen und verschiedene gemeinsame Projekte realisieren.
Was konkret hat sich dank der neuen Dachmarke «Wertebilden» verändert?
Schulverantwortlichen, Lehrkräften und zu einem guten Teil auch Eltern sowie Schülerinnen und Schülern und der Öffentlichkeit wurde besser bewusst, dass die vier christlichen Werteschulen aktive und wertvolle Träger des Klostererbes Bildung in der heutigen Zeit sind und als diese auch vom Katholischen Konfessionsteil unterstützt und mitgetragen werden. Es wurde sichtbar, dass es wirklich gemeinsame christlich geprägte Werte gibt, die die vier Schulen verbinden und auch einzigartig und bereichernd machen in der Bildungslandschaft des Kantons. Umso enttäuschender ist nun auch das Urteil des Bundesgerichts.
Wo konkret spürt und sieht man dank der neuen Marke eine stärkere Kooperation der Schulen?
Das sieht man einerseits in den regelmässigen Sitzungen der strategisch Verantwortlichen und der operativ Verantwortlichen der vier Schulen zusammen mit mir als zuständigem Administrationsrat, wo wir die Dachmarke gemeinsam geschaffen haben und stets weiterentwickeln. Ebenfalls planen wir dort Projekte wie gemeinsame öffentliche Veranstaltungen, gemeinsame Weiterbildungen der Lehrkräfte, gemeinsame Schulprojekte und eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit.
Inwiefern hat die Dachmarke auch die Solidarität unter den Schulen gestärkt?
Nicht nur das Kathi in Wil, sondern alle vier Schulen stehen als christliche Werteschulen vor Herausforderungen, um ihren Auftrag heute und in Zukunft gut erfüllen zu können. Der nun entstandene intensive Austausch unter den Verantwortlichen der vier Schulen ermöglicht die gegenseitige Unterstützung und das Mittragen von wichtigen Anliegen. Die Schulen können aber auch von Erfahrungen der anderen profitieren.
Unter anderem gibt’s dank Wertebilden einen jährlichen gemeinsamen Anlass. 2023 referierte Pater Martin Werlen am Kathi Wil, 2024 gab’s ein Podium zur Rolle christlicher Werte an heutigen Schulen. Was ist aus Ihrer Sicht als Administrationsrat der grosse Gewinn dieser gemeinsamen Anlässe für die Schulen?
Einerseits treffen sich Schulverantwortliche, Lehrkräfte, Eltern und auch Schülerinnen und Schüler der vier Schulen und lernen einander besser kennen. Gleichzeitig erhalten sie wichtige Impulse für ihren Betrieb und können darüber auch in einen Austausch kommen. Die Anlässe sind aber auch öffentlich und machen so die vier Schulen und die Dachmarke «Wertebilden» besser bekannt.
Kann man schon etwas zum gemeinsamen Anlass im 2025 sagen?
Dieser gemeinsame öffentliche Anlass wird am 16. September 2025 an der Maitlisek Gossau stattfinden. Geplant ist eine Podiumsdiskussion mit wichtigen Vertreterinnen und Vertretern von Politik, öffentlicher Schulbehörde, Administrationsrat und der Schulen zum Thema, welchen Zusatzwert die vier christlichen Schulen in die Bildungslandschaft unseres Kantons einbringen.
Wie geschätzt wird die neue Dachmarke bei den Schulen selbst?
Die strategisch und die operativ Verantwortlichen schätzen es sehr, dass wichtige Themen gemeinsam angegangen werden können und die Schulen dabei finanziell und personell vom Katholischen Konfessionsteil unterstützt werden. Von Seiten der Lehrkräfte kam mehrfach die Rückmeldung, dass die Vernetzung mit Lehrkräften anderer Schulen in der Dachmarke «Wertebilden» sie bestärkt haben in ihrer Motivation an einer christlichen Werteschule tätig zu sein.
Text und Bild: Roger Fuchs
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